Fachtagung "Spielort der Zukunft - naturnah und kindgerecht"
Ein Spielparadies: der Garten des Kinderhauses St. Georg (Foto: Cecilia Tites, ANL).
Am 2. Mai 2017 fand in Pöring bei München die 5. Fachtagung zum Thema Spielort der Zukunft statt. Die Veranstaltung wurde von der ANL in Zusammenarbeit mit der Kommunalen Unfallversicherung Bayern (KUVB) realisiert und im Kindergarten „Naturkinder St. Georg“ abgehalten. In der Kindertagesstätte, deren Garten über mehrere Jahre liebevoll zu einem naturnahen Abenteuerspielplatz umgebaut wurde, konnten die Teilnehmer hautnah erleben, welche Alternativen es zu konventionellen Spielplätzen mit Rutsche, Schaukel und Wipptier gibt.
Das Interesse an der Fachtagung war bereits zu Anmeldungsbeginn groß gewesen, die knapp 100 Plätze waren in Kürze ausgebucht. Unter den Teilnehmenden fanden sich hauptsächlich Erzieherinnen, daneben Landschaftsgestalter und Vertreter von Gemeinden. Ziel der Veranstaltung war es, sie von den Vorteilen eines naturnahen Spielplatzes zu überzeugen, über die Durchführung aufzuklären und zur Umsetzung zu motivieren.
Was brauchen Kinder? Von der Theorie
Moderatorin Sabrina Nitsche, bekannt aus der Sendung Querbeet und selbst Gärtnerin und Mutter, führte durch die Fachtagung. Während des Vormittags trugen Referenten vor, wie naturnahe Gestaltung und kindgerechtes Spielen zusammenhängen. Das fängt schon bei der Terminologie an: erzeugt nicht das neuerlich eingeführte Wort „ErzieherIn“ ein ganz anderes Gefühl als „KindergärtnerIn“?, fragte Helmut Hechtbauer, Gestalter von naturnahen Spielräumen. Er zeigte auf, dass die Entwicklung eines Kindes ganz ähnlich der eines Gartens sei: „Ein Gärtner achtet auf die richtigen Bedingungen von Klima und Boden, um Wachstum zu ermöglichen; er muss sich um seine Pflanzen kümmern wenn sie kümmern“.
Günter Beltzig, Designer von Spielgeräten und Erlebnisflächen, hat im Rahmen seiner Tätigkeit begriffen, dass Kindern leider viel zu oft aufgetragen wird, wie sie zu spielen haben – auch wenn das häufig gar nicht dem natürlichen Spielen gleich kommt: „Jeder meint, Experte dafür zu sein, was Kinder gerne machen – schließlich war jeder einmal selbst Kind. Aber Spielgeräte wie Rutschen oder Wippen lassen gar kein selbstständiges Spielen zu, sondern nur monotone und vorgegebene Tätigkeiten.“ Beltzig plädiert für Spielräume, wo es möglich ist, zu entdecken und zu erforschen – naturnah und kindgerecht eben. Auch Kinderarzt und Autor mehrerer Sachbücher zum Thema kindliche Entwicklung Dr. Herbert Renz-Polster erklärte, dass Kinder während ihrer Entwicklung die Welt selbst erfahren müssen. Kreativität, Empathie und soziale Kompetenz lassen sich nicht lehren, jedes Kind muss sie selbst aufbauen. Dazu brauchen sie einerseits die emotionale Sicherheit, welche sie durch Erwachsene erfahren. Andererseits brauchen sie Raum, Zeit und Gelegenheit zur Selbstbewährung.
Dabei kann es auch mal zu Stürzen und Verletzungen kommen, sie gehören zum Lernprozess dazu. Allerdings sollten auch naturnah angelegte Spielräume so geplant werden, dass gröbere Unfälle vermieden werden. Holger Baumann von der KUVB wies darauf hin, was es in Sachen Fallhöhen, Wassertiefen oder Fangstellen zu beachten gilt, um Gefahren für spielende Kinder in einem vertretbaren Bereich zu halten.
In die Praxis: ein naturnaher Spielplatz
Auf Entdeckertour: Teilnehmer erkunden die unterschiedlichen Materialien auf dem Gelände (Foto: Cecilia Tites, ANL).
Spielplätze sollten also vor allem eins sein: vielfältig und abwechslungsreich. Sie sollten von Kindern individuell entdeckt werden und sie zu immer neuen Erfahrungen herausfordern. Wie ein solcher Spielort aussehen kann, erlebten die Teilnehmer der Fachtagung vor Ort. Am Nachmittag führten die Leiterin des Kinderhauses, Gaby Lindinger, sowie die Naturgartenplaner Helmut Hechtbauer und Dr. Reinhard Witt (gestaltete selbst zu einem Großteil den Garten) durch die Außenflächen und zeigten, wie die verschiedenen Landschaftselemente geplant wurden und welche Nutzung sie ermöglichen.
Zwischen Kletterbäumen, Sandgrube und Feuerstelle gab es eine Vielfalt an Spielräumen zu entdecken. Durch die Verwendung von unterschiedlichen Baumaterialien und heimischen Pflanzen, die etwa auf trockenen Magerstandorten wachsen, entsteht ein artenreicher, spannender Erlebnisraum, in dem sich Kinder, ErzieherInnen, Insekten und Vögel wohlfühlen.
Noch gehört der Garten des Kinderhauses zu den seltenen naturnah gestalteten Spielräumen in Bayern. Das lässt sich selbstverständlich nicht von einem Tag auf den anderen ändern: „Es braucht Geld, Zeit, Know-How und eine Menge eifriger Helfer“ erklärte Gaby Lindinger mit Blick auf ihren „Spielort der Zukunft“ – heute schon.
Im kleinen Teich können Tiere und Pflanzen im Wasser entdeckt werden (Foto: Cecilia Tites, ANL).
Unter dem Schatten des Baumes lässt es sich gut Sandspielen (Foto: Cecilia Tites, ANL).
Kooperationspartner
Kommunale Unfallversicherung Bayern (KUVB)
Erzbischöfliches Ordinariat, Fachdienst für Arbeitssicherheit
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