Grabenmanagement in der Praxis
Aufmerksames Publikum beim Grußwort von Landrat Hans-Joachim Weirather, im Saal des Gasthauses „Schwarzer Ochse“ (Foto: Hannes Krauss, ANL).
Nach der Grundlagenveranstaltung „Grabenmanagement“ im Oktober 2017 folgte am 27.09.2018 die Fortsetzung „Grabenmanagement in der Praxis“. Mit großer Unterstützung des Landschaftspflegeverband Unterallgäu, insbesondere in Persona Uwe Kießling, richtete die ANL diese Fachtagung in Kettershausen/Unterallgäu aus.
Begonnen wurde im Saal des Gasthauses „Schwarzer Ochse“ mit Grußworten von Herrn Landrat Weirather und Frau Bürgermeisterin Schewetzky. Beide stellten die Vorzüge eines qualifizierten Grabenmanagements heraus und betonten die Bedeutung einer guten Kooperation zwischen Grundstückseigentümer, Landwirt, Fachbehörden und Landschaftspflegeverband.
Frau Grimm von der unteren Naturschutzbehörde (uNB) Unterallgäu arbeitete im ersten Vortrag anschaulich die naturschutzrechtlichen Vorgaben, Leitbilder und Anforderungen für ein naturnahes Grabenmanagement heraus. Darauf folgend analysierte Herr Dietrich von der Fischereifachberatung Schwaben die Anforderungen an ein Grabenmanagement aus Sicht der Fischerei. Der praktische Teil fand im nahegelegenen Kettershauser Ried statt. Hier hatte der Landschaftspflegeverband vier betreute Stationen aufgebaut, die von den Teilnehmern durchlaufen wurden. Eröffnet wurde der Nachmittag durch den Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbandes Unterallgäu, Jens Franke, der die Besonderheiten und naturschutzfachlichen Wertigkeiten des Gebietes, vorstellte.
Jens Franke erläutert die naturschutzfachlichen Wertigkeiten des Kettershauser Ried (Foto: Hannes Krauss, ANL).
Uwe Kießling mit seinem Prototyp des Wiesefix (Samensammelgerät) im verdeckten Hintergrund
(Foto: Hannes Krauss, ANL).
Informationsstand 1„Erosionsschutz, artenreiche Pufferstreifen“ wurde von Uwe Kießling betreut. Anhand einer plakativen Fotodokumentation zeigte Kießling die Auswirkungen von Bodenerosion, meist von Ackerstandorten, auf Grabensysteme und deren Flora und Fauna. Mit einfachen aber effizienten Maßnahmen, wie zum Beispiel kleineren landschaftsangepassten Sedimentationsmulden oder begrünten Bodenmulden, konnten die Auswirkungen der Bodenerosion deutlich reduziert werden. Weiterhin zeigte Kießling mit einem neu konstruierten und optimierten Samensammelgerät die Technik der Saatgutbeerntung von artenreichen Wiesen verschiedener Ausprägung. Das gewonnene Saatgut ist hervorragend dazu geeignet, artenreiche Pufferstreifen mit standortangepasster Vegetation an Gräben anzulegen.
Informationsstand 2 stand unter dem Motto „Technikvorstellung“. Die Landwirte Josef Winter und Christian Walter führten hier Gerätschaften vor, die für qualifiziertes Grabenmanagement notwendig sind. So auch den Mähkorb der für das Mähen von Wasservegetation und randlicher Staudenflur, sowohl unter wie über Wasser eingesetzt wird. Betont wurde die Tatsache, dass mit dem Mähkorb möglichst nicht in die Sedimente des Grabens eingegriffen werden darf und dies aus hydrologischen Gründen auch nicht notwendig ist. Weiterhin wurde eine Doppelmesser-Mähkombi zum Mähen der Grabenböschungen sowie ein unter naturschutzfachlichen Kriterien optimierter „Öko-Mulcher“ vorgestellt.
Dr. Jens Schneider erläutert Schnittzeitpunkte und Vegetationszusammensetzung (Foto: Hannes Krauss, ANL).
Demonstration des Mähkorbes am Informationsstand 2 (Foto: Hannes Krauss, ANL).
Am Informationsstand 3 „Grabenpflege als Lebensraumoptimierung für Libellen und Bachmuscheln“ erklärte Dr. Michael Schneider, die Zusammenhänge eines qualifizierten Mahdregimes mit der Förderung der Helm-Azurjungfer und der Bachmuschel. Gezeigt wurde eine Grabenböschung, die bis vor kurzem aufgrund erhöhter Nährstoffeinträge hauptsächlich mit Brennnessel und Mädesüß bewachsen war. Durch 2 Schnitte, einmal Ende Mai/Anfang Juni und einem zweiten im Herbst, konnten diese zurückgedrängt und stattdessen Blutweiderich, Sumpfstorchschnabel und Co etabliert werden. Die neue lichtere Vegetationszusammensetzung unterstützt in Form von Flugkorridoren die Lebensraumfunktion für die Helm-Azurjungfer. Die notwendige Beschattung für die Bachmuschel wird durch einzelne Gehölze sichergestellt.
Jens Franke am frisch abgeflachten Grabenufer (Foto: Hannes Krauss, ANL).
Der Informationsstand 4 „Gestaltungs- und Erhaltungsmaßnahmen an kleinen Fließgewässern“ wurde von Jens Franke betreut. Eindrucksvoll demonstrierte Franke den Teilnehmern, wie das einstige Kastenprofil eines Grabens abgeflacht wurde und jetzt Standort einer naturnahen Ufervegetation ist.
Der an sich einfache, aber effiziente „Trick“, nämlich die ökologisch wertvollen Biotoptypen (§30) stehen zu lassen und anschließend auf die abgegrabene flache Böschung aufzudrücken, erlaubt eine Uferabflachung bei gleichzeitigem nahezu vollständigem Erhalt der Vegetation. Positiver Nebeneffekt ist, dass keine offenen Rohbodensituationen entstehen und somit das Einwandern von Springkraut verhindert werden kann.
In einer Abschlussrunde drückten die Teilnehmer größtenteils ihre Zufriedenheit zu der Veranstaltung aus. Auch wurden gute Ideen für Folgeveranstaltungen eingebracht, wie der wichtige Aspekt des Grabenunterhaltes in Handarbeit, oder das Thema „Grabenunterhalt und Kosten“.
Fazit
Die Fachtagung zeigte auf, dass ein qualifizierter „Kümmerer“, wie in diesem Falle der Landschaftspflegeverband Unterallgäu, eine zentrale Stellgröße in einem qualifizierten Grabenmanagement darstellt. Grundlage für alle Unterhaltsmaßnahmen sollte in klares Konzept mit definierten Zielen sein. Wichtig sind weiterhin gutes Fachpersonal, das die Maßnahmen durchführt und die hierzu notwendigen Spezialmaschinen. Oft reicht dann das Mähen von Sohle und Böschungen aus, wodurch aufwendige und naturschutzfachlich unerwünschte Räumungsarbeiten vermieden werden können.
Ansprechpartner
Hannes Krauss
Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL)
Fachbereich 3: Bildung, Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikation
Seethalerstraße 6
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