Fachtagung „Zukunft Landschaft: Sharing Heritage – Zisterziensische Kulturlandschaften in Mitteleuropa“ vom 20. bis 21. September 2018 (64a/18) in Handthal
Blick auf das Kloster Ebrach (Foto: Evelin Köstler/ANL).
Die diesjährige „Zukunft Landschaft“-Fachtagung führte nach Handthal (Unterfranken) und in die Umgebung des ehemaligen Zisterzienserklosters in Ebrach (Oberfranken). Dort wurde das Thema „Zisterziensische Kulturlandschaften in Mitteleuropa“ mit Vorträgen von zahlreichen Referenten sowie einer Busexkursion in Ebrach und Umgebung behandelt. Durchgeführt wurde die Veranstaltung von der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) in enger Kooperation mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und dem Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e. V.
Vorträge im Steigerwald-Zentrum (Foto: Julia König/ANL).
Die Landschaftswirksamkeit der Zisterzienser
Als Veranstaltungsort am 20. September diente das Steigerwaldzentrum in Handthal. Nach einer Begrüßung durch Prof. Dr. Günter Dippold, Bezirksheimatpfleger von Oberfranken, und Stephan Thierfelder vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Schweinfurt begann die umfassende Vortragsreihe. Zuerst führte Dr. Thomas Gunzelmann in das Thema Zisterziensische Klosterlandschaften ein. Die Ordensregeln der Zisterzienser fordern Einsamkeit und Weltabgeschiedenheit, asketische Lebensführung und das Prinzip der Eigenwirtschaft. Demnach wurden Zisterzienserklöster besonders in kleinräumigen Lagen mit Bezug zur Landschaft gegründet. Das Prinzip der Eigenwirtschaft führte zu einer intensiven Gestaltung der umliegenden Landschaft. Ein Beispiel hierfür sind ausgeklügelte wasserbauliche Systeme zur Energiegewinnung in Form von Mühlen oder zur Ver- und Entsorgung des Klosters. Aufgrund der Fastenbestimmungen wurden zahlreiche Teiche bewirtschaftet. Außerdem dienten große Waldungen der Brennholz- und Bauholzgewinnung. Spezialisierte Wirtschaftshöfe, sogenannte Grangien, wurden um das Kloster gruppiert angelegt. Dort wurden beispielsweise Nahrungsmittel für das Kloster produziert, etwa auf Getreidefeldern und -mühlen oder durch Teichwirtschaft. Zunächst bevorzugte der Zisterzienserorden bewusst schlichte Bauformen und seelsorgerische Betätigungen wurden abgelehnt. Im Spätmittelalter kam es dann zu einem Wandel, nachdem die Zisterzienser zu wesentlichen Trägern der Wallfahrtsidee geworden waren.
Das aktuelle Projekt „Vielfalt in der Einheit – Zisterziensische Klosterlandschaften in Mitteleuropa“ anlässlich des Europäischen Kulturerbejahres 2018 wurde von der Projektleiterin Dr. Birgit Kastner vorgestellt. Im Rahmen dieses Projektes wird das bauliche sowie das landschaftliche Erbe der Zisterzienser an mehreren Standorten Mitteleuropas erfasst. Dabei beschäftigt sich Dr. Thomas Büttner intensiv mit der Kulturlandschaftsinventarisation des Raumes Ebrach und Armin Röhrer erfasst die Waldsassener Klosterlandschaft. Anhand dieser Daten werden ausgewiesene Wanderwege und GPS-gestützte Routen erstellt, die durch die Klosterlandschaften der Zisterzienser führen. Auch geführte Touren werden angeboten, ebenso wie mehrsprachige Ausstellungen mit Foto- und Kartenmaterial. Zudem werden im Zuge des Projekts Klöster in Frankreich, Deutschland, Tschechien und Österreich vernetzt und es wird Bewusstseinsbildung betrieben. Mit Dr. Thomas Büttner (Büro für Heimatkunde und Kulturlandschaftspflege), Spezialist für die Klosterlandschaft Ebrach, folgte ein weiterer Vortrag, der diese Kulturlandschaft näher vorstellte. Vor einer wohlverdienten Mittagspause referierte Ulrich Mergner, Forstbetriebsleiter der Bayerischen Staatsforste Ebrach, über den Waldbau der Ebracher Zisterzienser. Ihr Ziel war es, den Waldbesitz zu vermehren, wobei der wirtschaftliche Nutzen des Waldes im Vordergrund stand. „Zisterzienser waren Naturschützer ohne es zu wissen und ohne es zu wollen“, da sie Eichen förderten, welche als Träger für Biodiversität fungieren.
Der Nachmittag startete mit einer Ansprache des Landrats Johann Kalb vom Landkreis Bamberg. Im Anschluss gab Bernhard Häck, Denkmalpfleger vom entsprechenden Bayerischen Landesamt in München, einen Einblick in die unterirdische Wasserbaukunst der Zisterzienser in Klosterlangheim und deren Hohlraumerforschung und -erfassung. Viele der Stollen und Schächte sind sehr schmal, niedrig und lang und zum Teil durch Sedimentablagerungen weiter geschrumpft. Teilweise wurden offene Wassergräben verschlossen und Gebäude darüber errichtet. Dies führt heute sowohl zu Einsturzgefahr als auch zu Feuchtigkeitsschäden bei den darüberliegenden Gemäuern. Der darauffolgende Referent, Armin Röhrer (Büro für Angewandte Historische Geographie und GIS-Anwendungen) stellte die europäisch bedeutende Klosteranlage Waldsassen und die vom Kloster geprägte Kulturlandschaft mit vielen wertvollen historischen Kulturlandschaftselementen und Europas größter Teichlandschaft vor.
Der Naturpark Steigerwald
Im Folgenden wurde die Entstehungsgeschichte des Naturparks Steigerwald durch Viktor Fieger beschrieben. Die Gründung des Schutzgebietes erfolgte allein durch Zuschüsse, wovon etwa 80 % in den Tourismus flossen. Nach der Gründung des Naturparks folgten diverse Hindernisse, die es zu überwinden galt, wie Viktor Fieger amüsant schilderte. Ihm folgte als Vortragende Sandra Müller, Geschäftsführerin im Naturpark Steigerwald, die einen Blick in die Zukunft der Naturparke warf. Der Verband Deutscher Naturparke hat die vier Handlungsfelder Schutz, Erholung, Bildung und Entwicklung definiert. Diverse deutsche Naturparke konnten bereits verschiedene Projekte und Ideen dazu umsetzen. Im Naturpark Steigerwald wurde der dortige Panoramaweg bereits als „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ ausgezeichnet. Zukünftig sollen unter anderem Partnerschaften mit anderen Schutzgebieten entwickelt und die Bewusstseinsbildung verstärkt werden. Hierbei ist ein Ziel, vermehrt Schulklassen in den Naturpark zu bringen.
Landschaft um das Steigerwald-Zentrum (Foto: Evelin Köstler/ANL).
Der letzte Vortrag stellte die UNESCO-Welterbekonvention und andere Siegel und Schutzinstrumente vor. Patricia Alberth von der Stadt Bamberg schilderte, dass der Weg zum UNESCO-Weltkulturerbe lang ist und nach dessen Erreichen an diverse Pflichten zum Erhalt geknüpft ist. Es gibt jedoch viele weitere Schutzkategorien und Siegel, weshalb die Frage „Was will ich und wo soll der Weg hingehen?“ entscheidend dafür ist, ob und welche Auszeichnung angestrebt wird. Am Ende der Vortragsreihe fand eine Abschlussdiskussion statt. Der erste Tag der Fachtagung schloss mit einer kurzen Präsentation der Ausstellung „Einheit in der Vielfalt – Zisterziensische Klosterlandschaften in Mitteleuropa“ durch Dr. Birgit Kastner.
Die Erkundung im Feld
Der zweite Teil der Fachtagung „Zukunft Landschaft“ startete am 21. September um 8 Uhr morgens mit einer Exkursion. Mit dem Bus erkundeten die Teilnehmer die Klosterlandschaft Ebrach unter der Leitung von Dr. Thomas Büttner, Dr. Thomas Gunzelmann und Ulrich Mergner. Der erste Stopp fand im Naturwaldreservat „Waldhaus“ im Steigerwald statt. Dort stellte Ulrich Mergner das sogenannte Trittsteinkonzept vor, das bei der Bewirtschaftung der Staatswaldflächen im Steigerwald umgesetzt wird. Anstatt einer großen Fläche sind sechs Naturwaldreservate und einige Waldtrittsteine und ökologisch wertvolle Waldränder geschützt. Zudem werden Biotopbäume, die verschiedenen Tierarten wie etwa alt- und totholzbewohnenden Käfern als Lebensraum dienen, stehen gelassen und ein Teil des Totholzes verbleibt ebenfalls im Wald. Der Rest des Staatswaldes wird bewirtschaftet und das gewonnene Holz dient der Brennholznutzung in der Region.
Exkursion am Ebracher Panoramaweg (Foto: Evelin Köstler/ANL).
Der nächste Halt am Ebracher Panoramaweg ermöglichte einen guten Ausblick von Norden aus auf die Gemeinde Ebrach und das Kloster. Durch die Entwicklung des Ortes ist das Kloster nun fast zur Gänze von anderen Gebäuden umgeben und geht nicht, wie zu dessen Gründung, direkt in die Landschaft über. Ein ehemaliger Steinbruch, der dem Gewinn von Baumaterial für das Kloster diente, wurde später wieder verfüllt und ist heute nur noch anhand der Oberflächenstruktur zu erahnen. Auch die Ortschaft Burgwindheim, ein Ebrach’scher Ausbauort, wurde im Zuge der Exkursion besucht. Dieser war Marktort, Gerichtsort und Wallfahrtsstätte. Das im 18. Jahrhundert erbaute barocke Amtsschloss Burgwindheim war Sitz der Verwaltung des östlichen Mönchgaus und ein Trakt des Schlosses wurde zudem als Sommersitz des Abtes genutzt. Die Ortschaft war bis in das 19. Jahrhundert von Wasser umgeben und so gut geschützt. Im Norden umschloss ein Fluss das Dorf und im Süden befand sich ein See (heute Wiesenland und kleinere Teiche). Auch die Pfarrkirche St. Jakobus und die Wallfahrtskapelle von Burgwindheim wurden besichtigt.
Amtsschloss Burgwindheim (Foto: Evelin Köstler/ANL).
Die nächste Station auf der Busexkursion war der Winkelhof, eine Grangie des Klosters Ebrach. Dieses ehemalige Waldschlösschen wurde vom Kloster Ebrach erworben und als Wirtschaftshof genutzt. Da das Gebäude quasi von Teichen umschlossen ist, wurde Teichwirtschaft sowie auch Landwirtschaft betrieben. In einem der Teiche hat sich nun ein Biber angesiedelt. Heute wird der Winkelhof als Forsthaus bewohnt. Am Weg in einen weiteren Ausbauort von Ebrach, Großgressingen, besichtigten die Exkursionsteilnehmer das Siechenhaus, das im Zuge der Pestwehen im ausgehenden 16. Jahrhundert errichtet wurde, und die nebenstehende Kapelle St. Rochus mit Friedhof. Nach Fertigstellung der Kapelle diente das Siechenhaus erst als Mesnerwohnung und später als Schule. Der Friedhof wurde zur Bestattung der Pesttoten und danach auch als Ruhestätte der weltlichen Angestellten des Klosters Ebrach genutzt. Erst seit dem 17. Jahrhundert dürfen auch Einwohner von Großgressingen auf dem Friedhof bestattet werden. Die Ortschaft Großgressingen bestand bereits vor der Abtei Ebrach, jedoch erwarb das Kloster den Ort und baute ihn zu einer Dienstmannensiedlung aus. Auf der einen Seite wohnten die etwas wohlhabenderen Bauern mit Blick auf die Rochuskapelle und im anderen Teil befanden sich die kleineren Gebäude der Dienstboten und Handwerker. Die grundsätzliche Siedlungsstruktur blieb bis heute bestehen. Einstöckige Häuser wurden im Laufe der Zeit erweitert und Dorfteiche trockengelegt.
Der letzte Halt der Exkursion war der Waldschwinder Hof, eine Grangie in Idealform. Nachdem der Hof an das Kloster Ebrach fiel, wurde er als Acker- und Viehhof genutzt und es wurde auch Fischzucht in den dortigen Teichen betrieben. Heute wird der Waldschwinder Hof mit seinen zugehörigen Gewässern und Flächen von einer Familie biologisch bewirtschaftet. Ein Teil der Flächen ist weiterverpachtet. Mit der Rückkehr nach Handthal am frühen Nachmittag endete die Exkursion.
(verfasst von Julia König/ANL)
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